Dyskalkulie

Als Dyskalkulie bezeichnet man Schwierigkeiten der Kinder im Umgang mit Zahlen,
Zahlenräumen und Grundrechenoperationen. Die Verursachung liegt noch weitgehend im
Ungewissen, weil sich die Forschung noch nicht sehr lange mit dieser Problematik
beschäftigt. Man nimmt aber an, dass diese ähnliche Ursachen wie die Legasthenie hat.
Kommt es über einen längeren Zeitraum – ein halbes Jahr oder länger – zu hartnäckigen
Schwierigkeiten beim Rechnen, kann davon ausgegangen werden, dass es sich hier um eine
Dyskalkulie oder Rechenschwäche handelt. Rechenprobleme haben aber in den seltensten
Fällen mit mangelnder Intelligenz zu tun!
Dr. Astrid Kopp-Duller und Dr. Livia R. Pailer-Duller (Buch: Dyskalkulie – Training nach der
AFS-Methode)


Was können Rechenprobleme verursachen?


Man sollte Rechenprobleme nicht als Persönlichkeitsmerkmale der betroffenen Kinder
sehen, denn auch das Erlernen des Rechnens geschieht als interaktiver Prozess zwischen
Schüler, Lehrer und auch Eltern. Oftmals könnten Rechenprobleme, wären die
Rahmenbedingungen günstiger, überhaupt vermieden werden. Egal, ob schulisch-
didaktische Umstände, organische oder neurologische Ursachen oder psychische, soziale
oder emotionale Faktoren oder gar eine Wechselwirkung zu Rechenproblemen führen, es
steht fest, dass nach einer genauen Feststellung ein individuelles Training auf pädagogisch-
didaktischer Ebene, wenn notwendig unterstützt von anderen Spezialisten, erfolgen muss.
Grundsätzlich ist das Gebiet der Dyskalkulie und auch der Rechenschwäche immer im
Zusammenhang mit der Legasthenie oder auch Lese-Rechtschreibschwäche (LRS) zu sehen,
weil vielfach die Ursachen gleich oder ähnlich gelagert sind. Lediglich die Symptomatik bzw.
Probleme werden entweder im Rechenbereich im Zusammenhang mit Zahlen bzw.
Rechenoperationen oder im Schreib-/Lesebereich im Zusammenhang mit Buchstaben
wahrgenommen.


Laut der Abteilung Psychologie der Universität Bielefeld sind ca. 10-15% aller Schüler von
Rechenproblemen betroffen. Menschen sind zuweilen sowohl von einer Dyskalkulie /
Rechenschwäche als auch von einer Legasthenie / LRS betroffen, doch kommen sowohl die
Dyskalkulie / Rechenschwäche als auch die Legasthenie / LRS auch isoliert vor.
Besteht ein Verdacht auf Dyskalkulie / Rechenschwäche?
Es ist sehr vorteilhaft, wenn Spezialisten, die auf pädagogisch-didaktischer Ebene mit
Menschen arbeiten, die Schreib-, Lese- oder Rechenprobleme haben, ein ausreichendes
Wissen bezüglich aller Gebiete mitbringen, damit eine Förderung individuell, auf die
jeweiligen Probleme abgestimmt und damit erfolgreich gestaltet werden kann. Sollten sich
zusätzlich Sekundärprobleme psychischer oder physischer Verursachung
(Sekundärdyskalkulie) zeigen oder Rechenprobleme durch diese verursacht worden sein

(erworbene Rechenschwäche), sind natürlich diverse Spezialisten hinzuzuziehen. Dennoch
verbleiben die umfassende Förderung auf pädagogisch-didaktischer Ebene und die
Koordination der unterschiedlichen Hilfestellungen in der Pflicht des Legasthenie- und
Dyskalkulietrainers. Es ist für Eltern und auch Lehrer vorteilhaft, auf Spezialisten
zurückgreifen zu können, denn „Nachhilfestunden in Mathematik“ genügen zumeist bei
Kindern, die in der Grundschule Schwierigkeiten beim Rechnen haben, nicht. Lehrer/innen
sind zumeist bei Kindern mit massiven Rechenproblemen überfordert, da ihre Ausbildung
hauptsächlich auf die Methodik und Didaktik für Normschüler ausgerichtet ist.
Fest steht, dass die Problematik des erschwerten Erlernens des Rechnens verschiedene
Ursachen hat und deshalb auch die Förderung betroffener Personen unterschiedlich sein
muss. Tatsächlich werden aber die Bezeichnungen Dyskalkulie und Rechenschwäche in der
Literatur von den Autoren zumeist synonym verwendet, was nicht selten zur Verwirrung
beiträgt und zu falschen Interventionen führt. Es steht auch fest, dass das Rechnen eine
Hochleistung des menschlichen Gehirns darstellt, welche nicht wie die Sprache in einem
bekannten, umschriebenen Hirnrindengebiet entsteht, sondern aufgrund eines
komplizierten Zusammenspiels beider Hemisphären. Das Rechnen ist also eine integrative
Zusammenarbeit beider Hemisphären, während Sprechen, Lesen und Schreiben vor allem
eine Leistung der linken Hemisphäre ist.


Unterschied Dyskalkulie / Rechenschwäche


Um von einer genetisch bedingten Problematik der Dyskalkulie sprechen zu können, müssen
sich in allen der folgend genannten Bereiche Auffälligkeiten zeigen:
zeitweise Unaufmerksamkeit beim Rechnen
eine oder mehrere differente Sinneswahrnehmungen
Wahrnehmungsfehler beim Rechnen.
Bei der erworbenen Problematik der Rechenschwäche beobachtet man jedoch nur Fehler
beim Rechnen, ohne dass die Aufmerksamkeit oder die Sinneswahrnehmungen different
ausgebildet sind.
Daraus ergeben sich die notwendigen und unterschiedlich ausgeprägten
Interventionsschritte:


Dyskalkulie:


  • Verbesserung des Bewusstseins der Aufmerksamkeit beim Rechnen
  • Verbesserung der Sinneswahrnehmungen
  • Üben am Symptom (Erarbeiten der Zahlensymbole, Aufbau von Mengen- und Zahlenbegriff,
    Verbesserung der Rechenleistung etc.).


Rechenschwäche:


  • lediglich Üben am Symptom unter Berücksichtung der konkreten Verursachung und
  • Miteinbeziehung der Gesundheitsberufe.



Anzeichen für Dyskalkulie:


(Mögliche Stärken und Schwächen dyskalkuler Menschen):

  • Differente Wahrnehmung
  • Hohe Auffassungsgabe
  • Differente Informationsverarbeitung
  • Hohe Kreativität und Fantasie
  • Differente Lernfähigkeit
  • Mehrere Gedanken gleichzeitig
  • Vorauseilen der Gedanken
  • Umfassendes technisches Verständnis
  • Umfassende Sichtweisen
  • Bildhaftes Gedächtnis
  • Eigene Ordnung
  • Empfindsames Wesen
  • Aufmerksamkeitsschwankungen
  • Zeitweise Unaufmerksamkeit im Zusammenhang mit Symbolen (Buchstaben und Zahlen)
  • Intuitive Ablehnung der Symbolik
  • Schwierigkeiten beim Erlernen der Uhrzeit.
    Quelle: Erster Österreichischer
    Dachverband Legasthenie
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    Es gibt kein psychologisches Testverfahren, mit dem man einzig und alleine eine
    Leg./LRS/Dys./Rechenschwäche feststellen könnte! Alle Testverfahren, hauptsächlich IQ-
    Tests - die meisten stellen den IQ-Wert mittels Sinneswahrnehmungsleistungen fest - und

auch LRS-Tests (diese sind gerade bei legasthenen Menschen sehr wenig aussagekräftig, weil
ihre Lese- und Schreibleistungen stark schwanken und verfassungsabhängig sind) sind dazu
leider wenig hilfreich, dennoch halten öffentliche Stellen, an diese Art von Feststellung noch
immer fest, weil es gesetzlich so definiert ist.
Unberührt davon bleibt jedoch, dass der einzelne Lehrer im Unterricht sehr wohl ein
pädagogisches Gutachten anerkennen und somit auf das
legasthene Kind Rücksicht nehmen kann und z.B. die mündlichen Leistungen stärker
bewertet als die schriftlichen. Dies kann erfolgen, wenn der Lehrer für die Thematik
sensibilisiert ist. Es ist aber zu beobachten, dass auch in deutschen Schulen LehrerInnen
immer häufiger auf die pädagogischen Feststellungen durch KollegInnen reflektieren und
den betroffenen Kindern zumindest Verständnis entgegenbringen."


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